Unsere Arbeit am Entwurf für das Philologicum wurde durch die Auseinandersetzung mit dem Denkmal auf zwei unterschiedlichen Ebenen getragen. Zunächst war es uns wichtig, im Inneren des nach dem Abbruch ausgehöhlten Fassadenkörpers eine Raumstruktur zu installieren, die der historischen Wandscheibe nicht nur in einem technischen Sinne Halt gibt, sondern sie darüber hinaus zu einem aktiven Bestandteil der neuen Nutzung macht. Zudem wollten wir ein elementares Raumtragwerk entwickeln, dass sich aus dem Rhythmus der historischen Fassade heraus eigenständig in den Raum hinein entwickelt und in Anlehnung an die historischen Säle Räume unterschiedlicher Größe und Proportion ausbildet.
Die Raumstruktur entsteht durch ein aus Rahmen bestehendes sichtbares Tragsystem aus samtig abgesäuerten Betonfertigteilen und Filigrandeckenelementen, die vor Ort miteinander vergossen werden. Die Rahmen greifen aus dem Raster der historischen Fassaden heraus unterschiedlich tief ins Innere des Gebäudes, so dass innerhalb dieser riesenhaften Regale je nach Betrachtungswinkel der Eindruck gefasster Raumeinheiten oder gezielte Durchblicke in benachbarte Raumeinheiten entstehen. Das Gebäudevolumen erhält dadurch seinen aus der historischen Fassade heraus entwickelten, prägenden, gleichsam klassizistischen Grundrhythmus.
Um dieses aus der historischen Gebäudehülle heraus entwickelte Raumtragwerk intensiv mit der Gebäudehülle zu verweben, werden die zwischen den samtigen Betonschotten entstehenden Nischen vollständig mit einem systematisch entwickelten Möbelausbau mit verschiedenen Nutzungen belegt. Durch die Aufdopplung der Wand und die raumhaltige Nutzung dieser Zone erhält die in ihrem heutigen Zustand eher nackt und zerbrechlich wirkende Innenseite der Gebäudehülle zusätzlich jene Ausdifferenzierung und räumliche Tiefe, durch die der im äußeren Erscheinungsbild des Gebäudes ablesbare trutzartige Schutz für das Philologicum gestärkt und auch aus dem Innenraum heraus ablesbar wird.
Die zwischen den Risaliten auf der Westseite ergänzte Gebäudehülle erhält ihren Grundrhythmus ebenfalls aus dem entwurfsbestimmenden Raumgerüst. Sie fällt weich gefaltet wie ein großer Vorhang über das Gerüst herab und schließt seitlich zurückversetzt an die historische Bausubstanz an. Durch das netzartige Erscheinungsbild des Vorhangs ohne markante horizontale Gliederung entsteht eine kräftige und eigenständige Struktur, die die Konkurrenz zu den Risaliten in ihrer historischen dreigeschossigen Gliederung und Proportionierung vermeidet.